
MIT vor Ort – Auswirkungen der Pandemie auf die heimische Wirtschaft
In diesem neuen Format besucht MIT Stadtverbandsvorsitzender Tim Altepost – selbstverständlich unter Wahrung von ausreichend Abstand und Einhaltung entsprechender Hygienemaßnahmen – Mittelständler, Einzelhändler, Freiberufler, Unternehmen vor Ort und kommt mit ihnen ins Gespräch zur aktuellen Corona-Krise.
Was funktioniert? Was muss verbessert werden? Was ist gescheitert und geht im zweiten Anlauf dann erst richtig los?
Wir sammeln Erfahrungsberichte, Best-Practise-Beispiele aus den verschiedenen Branchen unserer Stadt.
Den Anfang macht heute Michael Plagge von der gleichnamigen LVM-Versicherungsagentur an der Borghorster Straße.
Tim Altepost: Ihr habt heute den ersten Tag wieder geöffnet, wie geht es dir und den Mitarbeitern nach ca. 6 Wochen. Startet ihr mit einem guten Gefühl?
Michael Plagge: Grundsätzlich sind wir positiv gestimmt. Wir freuen uns, unsere Kunden wieder persönlich gegenüberzustehen, sei es im Büro oder bei ihm zu Hause. Zu den gesetzlichen Vorgaben seitens des Gesetzgebers, dazu zählt der Sicherheitsabstand und die max. Personenanzahl im Büro, haben wir zusätzlich noch Spuckschutzglas, Atemschutzmasken für unsere Kunden und Desinfektionsmittel parat stehen.
Tim Altepost: Welche Auswirkungen hat die aktuelle Situation gerade in Bezug auf Kunden vor Ort, aber auch auf das normale Tagesgeschäft?
Michael Plagge: In den zurückliegenden 6 Wochen ist das Tagesgeschäft um 90% eingebrochen. Der Kontakt zum Kunden lief ausschließlich telefonisch und schriftlich ab. Schäden wurden ohne Verzögerungen so schnell wie eh und je bearbeitet. Dem LVM haben Fotos über die Schäden der Kunden gereicht. Eine nachträgliche Besichtigung war nicht notwendig. Neugeschäfte wurden häufig per Mail beantragt und Änderungen haben wir zum größten Teil auch nach telefonischer Beratung so durchgeführt.
Tim Altepost: Hat sich der Fokus der Betreuung geändert? Wird z.B. mehr Beratungsleistung erbracht, werden Online Portale häufiger genutzt?
Michael Plagge: Da der visuelle Kontakt fehlte, war die Beratungsdauer erheblich länger. Es wurden mehr Telefonkonferenzen (Kunde, Büro, LVM, Sachverständiger) durchgeführt, aber auch Videokonferenzen wurden geschaltet. Der LVM war vorher schon sehr gut auf digitale Netze umgestellt. Das hat sich in der jetzigen Zeit bezahlt gemacht. Mit der eigenen Smartphone App „Meine LVM“ hat der Kunde Zugriff auf seine Daten, kann Änderungen, Schäden und auch Neuanträge per digitaler Unterschrift beantragen, ohne dass es ein persönlicher Kontakt bedarf. Diese App ist massiv ausgebaut worden und wird mittlerweile von vielen Kunden benutzt.
Tim Altepost: Welche Herausforderungen siehst du für die Versicherungsbranche, vielleicht auch erst nach gelagert ?
Michael Plagge: Wir betreuen ca. 300 Kunden im Mittelstand und die Auswirkungen werden sehr negativ in der Presse bewertet. Je nach Branche sind die Umsatzeinbrüche enorm. Gerade Existenzgründer oder kleine Einzelfirmen klagen über massive Einbrüche, teilweise bis auf Null. Wir bieten unseren gewerblichen Kunden teilweise, z. B. in der Betriebshaftpflichtversicherung eine vorübergehende Stilllegung an, um finanziell den Kunden zu entlasten. Auch haben wir eine eigene Anwaltshotline, speziell für die Beratung in „Sachen“ Corona ins Leben gerufen. Alle Rechtsschutzkunden können davon profitieren. Wir versuchen hier die Kunden entsprechend vorzubereiten und zu beraten, damit nicht übereilt Fehler passieren. Grundsätzlich haben wir uns hervorragend auf die Lage eingestellt und der Kunde spürt keine Einschnitte unseres gewohnt sehr guten Services.
Tim Altepost: Wie ist die Zusammenarbeit mit lokalen Einheiten?(Servicecenter Wirtschaft, lokale Finanzinstitute etc)
Michael Plagge: Hier lief schon im Vorfeld der Kontakt meist telefonisch oder schriftlich. Da hat es keine großen Änderungen gegeben.
Tim Altepost: Wie sieht deine Perspektive / Ausblick aus?
Michael Plagge: Ich hoffe auf weitere Lockerungen in der Wirtschaft. Jetzt, wo der Umgang mit dem Virus verständlicher ist, könnte ich mir gut vorstellen, dass speziell das Gastronomie- und Hotelgewerbe unter bestimmten Auflagen wieder öffnen dürfen.
Tim Altepost: Welche Wünsche und Anforderungen gibt es an die Politik?
Michael Plagge: Die Lockerungen müssen weiter forciert werden. Grundsätzlich sollte man die Einschränkungen nicht global umsetzten, sondern je nach Bevölkerungsdichte anders gestalten. In vielen Bereichen sieht man, dass der Mittelstand sich hervorragend an das Virus anpasst und auch anpassen will. Diese Flexibilität ist in vielen Bereichen einem Überlebenskampf geschuldet. Schnellst möglichst sollte von der Regierung überprüft werden, ob Branchen, die sich immer noch im Lockdown befinden, unter bestimmten Auflagen wieder öffnen dürfen. Anhand der jetzigen Lockerungen sieht man, dass vieles unter Auflagen möglich ist. Ansonsten wird der wirtschaftliche Schaden nicht mehr zu retten sein. Die Folgen wären nicht absehbar und katastrophal.
Tim Altepost: Dafür wird sich die MIT weiterhin einsetzen. Herzlichen Dank für das Gespräch.